(Lesezeit ca. 10 Minuten) Zum Transplantationsgesetz.pdf
1. Geschichte der Organtransplantation 2. Das biologische Lebensende und wie man es feststellt 3. Organspende aus religiöser Sicht 5._Pressemeldungen:_Zu_wenig_Spender 7. Altersgrenzen für das Spenden
Denkanstoß: Don`t take your organs to heaven. Heaven knows "we need them here".
1. Geschichte der Organtransplantation Vor 1900 ersetzte man zerstörte menschliche Haut durch Gewebe von Tieren. Auch transplantierte man Zähne und Sehnen. Ein Fachmann schrieb 1863, dass transplantierte Körperteile meistens abgestoßen werden. Erfolg versprechend wurde die Entwicklung jedoch erst im 20. Jahrhundert. Narkoseverfahren und Methoden der Antisepsis (Abtötung krank machender Keime) wurden verbessert. 1902 Gelang dem Chirurgen Emmerich Ullmann in Wien die erste Nierentransplantation bei einem Hund. 1908 versuchte man die Transplantation von Eigenorganen bei einem Hund und hatte Erfolg. Das Tier überlebte mehrere Jahre. Weitere Versuche, Organe zwischen genetisch unterschiedlichen Tieren zu verpflanzen, blieben erfolglos, weil stets Abstoßungsreaktionen einsetzten. 1954 gelang dem Chirurgen Joseph Murray in Boston die erste Nierentransplantation zwischen eineiigen Zwillingsbrüdern. Spender und Empfänger wiesen identisches Gewebe auf. Der Empfänger hatte nach der Transplantation keinerlei Gesundheitsprobleme. 1960 und in folgenden Jahren erfand man Medikamente zur Unterdrückung der Abstoßung. So gelang es, mit dem Präparat Azathioprin die Abstoßung eines Nierentransplantats zu hemmen. 1962 bis 1983 waren Azathioprin und Kortison das Rückgrat der immunsuppressiven Behandlung. 1967 transplantierte Christian Bernard in Kapstadt ein Herz. Der Patient lebte danach 18 Tage. Er starb an einer Infektion. Im selben Jahr transplantierte Thomas Starzl die erste Leber. 1983 kam das Präparat Ciclosporin auf den Markt. Das war ein großer Fortschritt im Kampf gegen die Abstoßungen. 1985 wurde in den USA eine Lunge erfolgreich transplantiert. 1988 führte Rudolf Pichlmayr in Hannover die erste Teilleber-Transplantation Deutschlands durch. Eine gespendete Leber wurde geteilt und zwei Empfängern als Spendeorgan transplantiert. 1994 kam Tacrolimus zum Einsatz. Ein weiteres Mittel gegen Abstoßungsreaktionen. 1995 wurde Mycophenolatmofetil als Immunsuppressiva zugelassen. Heute werden Transplantationsverfahren angewandt und es sind Immunsuppressionspräparate im Einsatz, die Spenderorgane beim Empfänger über viele Jahre gut funktionieren lassen.
2. Das biologische Lebensende, wie man es feststellt Heute: Das Ende der Gehirntätigkeit ist der Zeitpunkt des Todes. Neuzeit bis ca. 1970: Stillstand der Atmung und des Herzschlags zeigten den Tod an. Laut Hippokrates: Leichenflecke und Totenstarre waren sicheres Zeichen für den Tod eines Menschen.
Wenn der Mensch gestorben ist, kann man die Herztätigkeit apparativ ersetzen und die Atemluft von außerhalb des Körpers maschinell in die Lungen leiten. Dadurch wird der Leichnam vor dem Verfall bewahrt. Die Gehirnzellen arbeiten aber nicht mehr. Den Ausfall von Großhirn, Kleinhirn und Hirnstamm nennt man Hirntod. Er ist nach medizinischem Erkenntnisstand ein sicheres Todeszeichen. Die leibliche, seelische, körperliche, geistige und physische Lebenseinheit hat unwiederbringlich ihr Ende gefunden. Außer durch Herzstillstand kann der Hirntod auch durch Hirnblutung, Schädel-Hirn-Trauma oder Hirntumor eintreten. Der Hirntod wird bei Organspendern von mindestens zwei Ärzten mittels von einander unabhängigen Untersuchungen festgestellt. Sie sind dabei an die Richtlinien der Bundesärztekammer gebunden. Zwingend vorgeschrieben ist es, zu ermitteln, welche Ursachen zum Hirntod führten. Außerdem sind körperliche Untersuchungen vorgeschrieben, und das mehrmals in definierten Zeitabständen. Für die verschiedenen Hirnareale muss der Nachweis einer unumkehrbaren Schädigung erbracht werden. Transplantationsgegner sagen: "Der Hirntod ist kein Todeszeichen." Sie geben wohl zu, dass beim Hirntod alle Hirnfunktionen unwiderruflich ausfallen. Sie vermuten aber, dass der Betreffende vielleicht noch nicht tot sei. Diese Annahme wird jedoch von der Mehrheit der Mediziner verworfen und auch die Kirchen sind vom Lebensende beim Hirntod überzeugt.
3. Organspende aus religiöser Sicht Stellung der christlichen Kirchen zur Organspende Die Katholische Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland gaben 1990 eine gemeinsame Erklärung zur Organtransplantation heraus. Seitdem fanden in beiden Kirchen Diskussionen über die Frage des Todeseintritts statt. Ergebnis: Beide Kirchen begrüßten das Transplantationsgesetz von 1997. Beide Kirchen betonen, Organspende ist ein Akt der Nächstenliebe. Sie erklärten 1990 gemeinsam: "Nach christlichem Verständnis ist das Leben und damit der Leib ein Geschenk des Schöpfers, über das der Mensch nicht nach Belieben verfügen kann, das er aber nach sorgfältiger Gewissensprüfung aus Liebe zum Nächsten einsetzen darf." Und: "Wer für den Fall des eigenen Todes die Einwilligung zur Entnahme von Organen gibt, handelt ethisch verantwortlich, denn dadurch kann anderen Menschen geholfen werden, deren Leben aufs Höchste belastet oder gefährdet ist." Und: "Angehörige, die die Einwilligung zur Organtransplantation geben, machen sich nicht eines Mangels an Pietät gegenüber der/dem Verstorbenen schuldig. Sie handeln ethisch verantwortlich, weil sie ungeachtet des von ihnen empfundenen Schmerzes im Sinne der/des Verstorbenen entscheiden und durch ihre Einwilligung Leben retten." Weitere gemeinsame Aussagen der beiden Kirchen in der Erklärung von 1990: "Nicht an der Unversehrtheit des Leichnams hängt die Erwartung der Auferstehung der Toten. Aus christlicher Sicht ist die Bereitschaft zur Organspende ein Zeichen der Nächstenliebe und Solidarisierung mit Kranken und Behinderten."
Stellung des Islams zur Organspende Islamische Gelehrte benennen eine Organtransplantation als Gott gefällig. Menschenleben zu retten, sei eine der höchsten Aufgaben des Menschen. Herztod und Hirntod gab die 3. Internationale Konferenz Islamischer Gelehrter in Amman/Jordanien gleichen Stellenwert. Organentnahme von einem Leichnam sei keine Respektlosigkeit gegenüber der/dem Verstorbenen, sondern Zeichen des Mitfühlens. Weil eine Tat nach der ihr zugrunde liegenden Absicht zu beurteilen ist, dürften Organspenden nur aus Nächstenliebe geschehen. Das Einverständnis - z.B. durch Organspendeausweis - soll bei klarem Bewusstsein von Volljährigen erklärt werden. Für Kinder und Entmündigte dürfen Erziehungsberichtigte und Betreuer zustimmen. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland erklärte das Transplantationsgesetz von 1997 mit dem Islam vereinbar.
Nach eingetretenem Hirntod hört die selbständige Atmung auf. Deshalb folgt unausweichlich ein Herzstillstand und der organische Zerfall beginnt. Apparate können jedoch Herz und Kreislauf des Körpers wieder in Gang setzen. Dadurch ist man überhaupt in der Lage, Organe des toten Körpers für die Transplantation zu entnehmen. Organentnahmen aus dem Leichnam sind nur dann zulässig, wenn zwei nicht an der Organentnahme mitwirkende Ärzte unabhängig voneinander den Hirntod des Organspenders feststellen. Ein so genanntes Hirntodprotokoll ist anzufertigen. Dabei sind die Beobachtungen der Ärzte festzuhalten. Ergebnisse der Messungen mittels EEG, der Nulllinien-Verlauf aller elektrischen Gehirntätigkeit, eventuell auch die Prüfung der Gehirndurchblutung sind zu dokumentieren. Laut Transplantationsgesetz müssen zwei Ärzte unabhängig voneinander untersuchen und protokollieren. Haben Mediziner den Hirntod eines Patienten festgestellt und kommt aus medizinischer Sicht eine Organspende in Betracht, spricht der Transplantations-Koordinator mit den Angehörigen. Während dieser Zeit wird die künstliche Beatmung aufrechterhalten. Wenn kein Organspenderausweis des Verstorbenen vorliegt, entscheiden die Angehörigen nach seinem mutmaßlichen Willen. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) ist für Organspenden in Deutschland nach dem Transplantationsgesetz zuständig. Dabei arbeitet sie mit den Krankenhäusern und den deutschen Transplantationszentren sowie der Vermittlungsstelle Eurotransplant im niederländischen Leiden zusammen. Eurotransplant ermöglicht den internationalen Austausch von Spenderorganen für Belgien, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und Slowenien. Nach Zustimmung zur Organspende werden erforderliche Laboruntersuchungen durchgeführt. Die Blutgruppe und Gewebemerkmale des Spenderkörpers sind zu bestimmen. Nach Erkrankungen oder Infektionen, die den Empfänger gefährden könnten, muss gesucht werden. Die Organentnahme wird wie jede Operation mit Sorgfalt vorgenommen. Ärzteteams entnehmen die verschiedenen Organe. Es werden Medikamente zur Entspannung der Muskulatur dem toten Körper verabreicht. Es könnten sonst als Reaktion auf äußere Reize Bewegungen der Arme und Beine spontan auftreten. Diese Bewegungen, die so genannten Lazarus-Zeichen, entstehen außerhalb des Gehirns durch Reizung des Rückenmarks, der Nerven oder der Muskulatur. Nach der Organentnahme wird der Leichnam in würdigem Zustand zur Bestattung übergeben. Die Angehörigen können in jeder gewünschten Weise Abschied nehmen. Jedes entnommene Organ bringt man auf schnellstem Wege zum inzwischen bestimmten Transplantationszentrum, um es dem oder der bereits vorbereiteten Organempfänger/in zu implantieren. Eine gründliche Nachsorge und in der Folge lebenslange Betreuung sind Teil des Transplantationsgeschehens.
5. Pressemeldungen: Zu wenig Spender Hamburg
2014:
Zahl der Organspenden geht zurück! Im vergangenen Jahr haben 876
Menschen nach dem Tod ihre Organe gespendet. Das sind 16,26 Prozent
weniger als im Vorjahr. Damit ist die Zahl der Organspender pro einer
Million Einwohner von 10,3 auf 8,43 gesunken.
Derzeit warten in Deutschland
rund 12000 Menschen auf ein Spenderorgan. Jeden Tag sterben drei von
ihnen, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan bekommen. Karlsruhe 2009:
2008 insgesamt nur zehn Organspenden in Karlsruhe; 70 Prozent der
Baden-Württemberger stünden dem Thema Organspende positiv gegenüber,
aber nur 15 Prozent würden bisher einen Organspendeausweis besitzen,
teilt die Techniker Krankenkasse (TK) mit. Laut der TK wurden 2007 und
2008 in Karlsruhe je zehn Organspenden durchgeführt
In zwei weiteren möglichen Fällen blieb die
Anfrage bei den Angehörigen vergeblich. "Angehörige, die nicht wissen,
ob die Verstorbenen zugestimmt hätten, lehnen eher ab", erklärt Nicole
Battenfeld, Sprecherin der TK in Karlsruhe,
"diese
schwere Entscheidung sollte den Hinterbliebenen abgenommen werden. Am
besten trägt man den Organspendeausweis immer mit sich.
Man hat eingetragen, ob man
einer Organspende zustimmt und welche Organe entnommen werden dürfen." Deutschland 2017: Die
Not ist seit 10 Jahren immer größer geworden.
Die Lage ist immer noch prekär. Eigentlich hat
sich nichts geändert. Dabei könnte doch so leicht geholfen werden. Der
Organspendeausweis ist nötig. Wenn doch nur mehr Bürger, egal welchen
Alters, einen Ausweis bei sich trügen.
Es ist angebracht ständig einen Organspendeausweis
bei sich zu tragen, am besten dort wo sich die Scheckkarten und der
Personalausweis befinden. Mit dem Organspendeausweis kann man ab dem 16.
Lebensjahr anzeigen, dass man zur Organspende bereit ist oder ab dem 14
Lebensjahr, dass man einer Organentnahme nicht zustimmt. Es ist auch
möglich, eine Vertrauensperson zu nennen, die vor einer Entnahme befragt
werden soll. Außerdem kann man Organe benennen, die man nicht spenden
will. Wir werben für den
Organspendeausweis
In Deutschland erleiden jährlich ca. 4000 Menschen einen Hirntod bei
sonst völlig gesunden und unbeschädigten Organen. Alle 4000 wären also
ideale Spender. Weniger als 25% werden aber nur zu Spenderinnen oder
Spendern. Folgende Tabelle nennt die Zahlen der Spenderinnen und Spender
in den Jahren 2008 bis 2020: Jahr Deutschland 2010 1296 2011 1200 2012 1046 2013 876 2014 864 2015 877 2016
Meist verweigerten Verwandte ihre Zustimmung, weil sie den Willen ihrer
gerade Verstorbenen nicht kannten. Für die Toten der obigen Liste gab es das
„Ja“ der Angehörigen. Bei den Übrigen hätte ein Organspendeausweis die
Entscheidung so leicht gemacht. Deshalb werben wir für den Ausweis.
7. Altersgrenzen für das Spenden Das Lebensalter spielt keine Rolle, wichtig ist der allgemeine Gesundheitszustand. Auch die funktionstüchtige Niere einer/eines über 70 Jahre alten Verstorbenen kann einem kranken Menschen ein fast normales Leben zurückgeben. Für Gewebe wie Gehörknöchelchen und Augenhornhäute gibt es keine Altersgrenze. Nach unten existiert keine Altersgrenzen. Für Kleinkinder entscheiden die Eltern. Ab dem 16. Geburtstag kann jeder Mensch selbst seine Bereitschaft zur Organspende dokumentieren.
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